Schule für alle - die Volksschule

 

Und dann, fast 150 Jahre später, wie sah sie aus, die "Schule anno 1900"? Und wie die Klassen? Wieviele Kinder saßen in einer Klasse? Wie lange hatten sie Unterricht? Gab es auch Ferien wie heute und wie lang waren die Pausen? Was hatten die Kinder damals an und wie trugen sie ihre Schulsachen in die Schule? Auf all diese Fragen gibt es jetzt und hier Antworten. Hierbei hilft uns „Prof. Dr. Dr. Schlau-Meier“ im virtuellen Schulmuseum auf einer Reise in die Vergangenheit, als die Urururgroßmutter noch ein Schulkind war. 

    

 „Prof. Dr. Dr. Schlau-Meier“

 

Die Volksschule

Ab hier wird hauptsächlich von der Volksschule des Jahres 1900 geredet. Das war die Schule, die die meisten Kinder besuchten. Das war aber auch viele Jahre später, etwa vor 50 Jahren, noch völlig normal. 

Das kann ich deshalb so einfach behaupten, weil ich selbst 1958 in die Volksschule eingeschult worden bin. Damals noch für 8 Jahre. Danach habe ich im Alter von 13 Jahren meinen Lehrvertrag unterschrieben und 17 Tage später jeden Tag 9 ½ Stunden gearbeitet. 

1958 z.B. besuchten ca. 50 Kinder die erste Klasse. Davon verließen ca. 4 Kinder die Volksschule nach der 4 Klasse in Richtung Realschule, oder wie das damals noch hieß: „Mittelschule“ und 2 besuchten das Gymnasium, die „Oberschule“. Alle anderen blieben in der Volksschule - heute ist es fast umgekehrt. Es gab aber auch noch einen Wechsel in die andere Richtung. Wenn man nämlich zweimal nicht versetzt wurde, also „sitzen blieb“, kam man in die „Hilfsschule".

      

Die Schulkinder

Und jetzt zu den Schulkindern. Die mussten pünktlich um 8 Uhr vor der Schule stehen. Exakt in einer Zweierreihe, wie die Soldaten. Da wurden mindestens die Jungen bereits getrimmt fürs Strammstehen beim Militär. Und alles andere in der Schule hatte auch mit der Erziehung zum Soldatentum tun: die eiserne Disziplin, die Soldatenspiele und -lieder, aber auch Kleidung und Tornister gehörten dazu.

Zwei Kinder „durften“ jeden Morgen etwas früher kommen und gingen mit einer großen Schulglocke in der Hand um die Schule herum und läuteten damit den Schultag ein. Und jeder in der Siedlung wusste: jetzt muss ich aber dringend los, um pünktlich zur Schule zu kommen.

 

Schulglocke

Alle Kinder standen nun vor der Schule, von der ersten bis zur achten Klasse und warteten, bis die Lehrerinnen und Lehrer herauskamen, um sie in ihre Klasse zu holen. Und dann gingen sie los, die erste Klasse zuerst und dann nacheinander die nächst höheren. Sie gingen mucksmäuschenstill in ihren Klassenraum. Da trampelte niemand, da wurde nicht geschubst, gesprochen oder gekichert. Denn wenn sie das taten, dann hatten sie ein Problem - dann mussten alle wieder raus auf den Schulhof, sich wieder aufstellen und wieder in die Klasse gehen. Das wurde wenn nötig solange wiederholt, bis es so funktionierte, wie der Lehrer es wollte.

       Ihre Mäntel und Jacken mussten die Schülerinnen und Schüler an die Garderobenhaken hängen, die sich meist an der hinteren Wand befanden und setzten sich in ihre Bank. Die Mädchen übrigens vom Lehrer aus gesehen auf der linke Seite und die Jungen setzten sich auf die rechte Seite. Die kleinen nach vorne und die großen nach hinten.

Und nun konnte der Unterricht mit Gebet und Sauberkeitsprüfung losgehen.

 

 

Einrichtung einer Schulklasse

In den meisten Schulen hatte man in den Klassenräumen Doppelsitzbänke, die in bis zu 4 Reihen aufgestellt wurden. Es gab aber auch Dreier- und Viererbänke. Oftmals waren die Klassen so überfüllt, dass in einer Zweierbank drei Kinder und in einer Vierbank bis zu sechs Kinder saßen. Nicht selten mussten bis zu 70 Kinder in einer Klasse Platz finden. Dafür gab es an den Wänden noch zusätzlich kleine Sitzbänke, auf denen die Kinder sitzen mussten.

      Vorn in der Klasse befand sich ein Podest und darauf das Stehpult für den Lehrer, ein erhöhter Stuhl und die Stehtafel. Neben dem Podest stand ein Harmonium, ein Abakus, ein Kartenständer zum Aufhängen der Schulwandkarten und die Strafbank oder der Strafesel. Dazu später mehr. Und da stand noch ein Spucknapf. 


Ein Spucknapf für den Priem des Lehrers

Darüber gibt es auch höchst unangenehme Erzählungen: in diesen Spucknapf spuckte der Lehrer gerne seinen ausgekauten Priem. Das war Kautabak, eine Art Zigarrenersatz. Zigaretten gab es ja noch nicht und Zigarren waren teuer. Also kaute „Mann“ auf diesem Priem herum, der übrigens auch noch ziemlich braune Zähne hinterließ. Man kann das Priemkauen mit dem heutigen Kaugummi vergleichen. Und wer musste den Spucknapf sauber machen? Klar! Die Schüler!

 

Ein holländischer LehrerInnenstuhl

 


Dieser Stuhl stammt aus Holland. Dort gab es in den wenigsten Klassenräumen Podeste und so bauten sie für den Lehrer oder die Lehrerin einen Stuhl, der vorne einen erhöhten Auftritt hat. Damit konnten auch holländische Lehrkräfte ihre Schulklasse gut überblicken.


Das Klassenzimmer zur Fensterseite. Im mittleren Bild sieht man im Fensterrahmen stehen den "Fensterputzstuhl" und auf dem Bild rechts erkennt man sehr gut den riesigen Kanonenofen, der das Klassenzimmer morgens in kürzester Zeit aufheizte und sich trotzdem mit ein paar Handgriffen auseinandernehmen ließ, z.B. bei einen Umzug.