Ranzen, Tonneks, Tornister

Tornister, Schultaschen und deren Inhalte

Und nun interessiert uns, wie die Kinder ihre Schulsachen in die Schule trugen. Die meisten hatten sicherlich einen Schulranzen oder auch Tornister, gern im Ruhrgebiet auch "Tonnek" genannt. Wer den nicht hatte, band seine Schulsachen zusammen und trug sie über die Schulter gelegt zur Schule.

Bevor wir uns den Tornistern widmen sei noch gesagt, dass die allermeisten Kinder keine neuen Tornister hatten. Da wurde nämlich erst einmal im Keller oder auf dem Dachboden geschaut, ob da noch Tornister von den Eltern, Großeltern oder von den älteren Geschwistern lagerten. Dann wurden die weitergenutzt und deshalb mussten die Kinder besonders mit dem Tornister, aber auch mit den anderen Sachen ordentlich und achtsam umgehen, weil sie möglichst auch noch in der nächsten und übernächsten Generation zum Einsatz kommen mussten.

     Da warf niemand seinen Tornister achtlos in die Ecke oder auf den Boden. Immerhin hätte der dadurch kaputt gehen können. Oder das, was da drin war. Und dann hätten die Kinder ein Problem gehabt. Sie mussten zuhause beichten, was sie angestellt hatten und dass das zerstörte Teil ersetzt werden müsse. Das kostete Geld und da die meisten Familien davon nur sehr wenig hatten, wurden die Kinder für diese Mutwilligkeit oder auch nur Unachtsamkeit bestraft. Wie das aussah, dazu kommen wir später unter „Strafen“. Jedenfalls war das in der Regel sehr unangenehm.

 

Die beiden üblichen Ledertornister: Jungen- und Mädchentornister

So sahen die Tornister aus. Die beiden Ledertornister, links oben auf dem Stuhl oder darunter haben übrigens einen großen Unterschied. Nein, gemeint ist nicht die Farbe und auch nicht die Größe und ja, alle sind aus Leder! 

         Die Klappe macht den Unterschied: einer hat eine große Klappe, der andere eine kleine, halbe Klappe. Der mit der großen Klappe ist der Tornister für die Jungen (mit der großen Klappe!) und der mit der kleinen, halben Klappe, das ist der Mädchentornister. 

Das die Jungen den Tornister mit der großen Klappe trugen, hatte schon wieder etwas mit dem Militär zu tun; denn da trugen die Soldaten auch so einen Tornister, nur etwas größer. Die große Klappe brauchten sie, um dazwischen noch eine Decke oder wenn es draußen zu warm war, Jacke oder Mantel zu verstauen. Auch hier sieht man wieder, das alles in dieser Zeit in der Jungenerziehung mit dem Soldatentum zu tun hatte. Von klein auf wurden die Kinder zu strengstem Gehorsam erzogen.

           Beim Mädchentornister hat man, denke ich, einfach nur gespart. Leder war teuer und so benutzte man nur soviel Leder wie nötig. 

Und bei den Mädchen sparte man an so Vielem, nicht nur am Leder. Es war ja auch nicht unbedingt nötig, dass Mädchen eine lange und gute Ausbildung bekamen. Schließlich sollten sie später auch nicht „arbeiten“, sondern lediglich ihrem Ehemann ein gute Hausfrau sein, Kinder bekommen, putzen und Essen machen - das wars!?!  Und dafür brauchte man angeblich keine besonders gute Ausbildung. 

 

Aber auch das hier unten ist ein Tornister. Wir erinnern uns an die beiden Jungen mit den kurzen Haaren, die trugen auch so einen Holzkasten auf dem Rücken, nur quer angefertigt.

 

Holztornister

Er ist vor allem schnell gemacht und billig: Ein paar Leisten und Bretter, Hammer, Nägel und ein Säge - fertig ist der Tornister.

Und was ich selbst in meiner aktiven Museumszeit nie gefunden habe: einen Papptornister. Tornister aus Pappe mit Holzleisten zur Verstärkung. So was gab es auch! Man kann sie heute wieder kaufen, aber ob die Papptornister damals auch so schön waren wie heute, ist zu bezweifeln. Die durften natürlich auch nicht allzu oft nass werden, sonst lösten sie sich irgendwann auf. Alle zusammen hatten aber ein gleiches Merkmal:  den heraushängenden Tafellappen. Und er hing immer aus dem Tornister heraus - weil er am Ende der Schulstunden meist nass war und trocknen sollte. Wenn er denn so nass in den Tornister gesteckt worden wäre, hätte es im Tornister schnell angefangen zu müffeln, oder die Bücher oder Hefte wären nass geworden. Und draußen am Tonnek hängend konnte der Lappen an der Luft gut trocknen.

 

Und auch das war ein Tornister, mit dem Jungen zur Schule gingen: ein Affe. Der wurde auch gern von den Pfadfindern und auch von den Soldaten getragen. Seine Besonderheit ist die Fellklappe.

 

 

Schülergruppe mit "Affen"

So, dann sind wir mal ganz neugierig und schauen rein in so einen Tornister. Besser allerdings in einen Mädchentornister, denn die waren aufgeräumter! (weil die Mädchen viel ordentlicher waren.)

Da war zunächst ein Tafelschoner, in dem eine Schiefertafel steckte. Daran befestigt ein Tafellappen und manchmal auch ein Tafelschwamm. Einige Kinder hatten auch eine kleine Schwammdose.

 

Tafeln, Tafellappen, Tafelschoner und Schwammdosen,

Dann noch ein Griffelkasten aus Holz und eine Fibel. Das war eigentlich schon alles, was man in einem Tornister anno 1900 finden konnte. Die haben damit nur einen Bruchteil von dem gewogen, was den heutigen Erst- und Zweitklässlern an Gewicht zugemutet wird, obwohl mache sogar aus Holz waren.

     

Griffelkästen

Schauen wir jetzt noch rein in einen Griffelkasten. Dazu schieben wir den Deckel nach hinten, wobei die komfortablen sogar zwei Ebenen hatten, die man auseinander drehen konnte. 

           Auf dem Deckel des oberen Griffelkastens kann man 4 Striche sehen. Die hat der Lehrer dem Schüler oder der Schülerin auf den Kasten gemalt - für gute Leistungen an diesem Tag. Viele kennen vielleicht noch die Fleißkärtchen, die man für gute Leistungen oder richtige Antworten bekam. Die Striche auf dem Kasten haben die Lehrer gemalt, weil sie keine Fleißkärtchen hatten oder kannten. Jedenfalls konnten die Kinder nach Hause gehen und den Eltern zeigen, was sie heute geleistet hatte und die Eltern konnten voller Stolz sagen: „Unser Kind hat aber was auf dem Kasten“!

 

Was also ist drin im Griffelkasten: Natürlich war der Griffel drin (sonst würde der Kasten ja auch nicht Griffelkasten heißen), ein Griffelspitzer und dann ein Holzlinieal. So wie unten auf dem Bild.

 

Holzlineal, 15 cm lang

Nun kommt vielleicht noch die Frage auf, wieso damals wohl alles aus Holz war? Vielleicht noch aus Metall. Aber warum waren die Schulmaterialien nicht wie heute aus Plastik. Ganz einfach, Plastik gab es im Jahr 1900 noch nicht.

Das erste Plastik wurde im Jahr 1909 erfunden. Von einem gewissen Herrn Bakelande, einem Belgier, der später nach Amerika ging und sich Mr. Bakeland nannte. Der erfand aus Kohle den Kunststoff Bakelit, woraus bis in die späten 70er Jahre des letzten Jahrhunderts noch sehr viele Gebrauchsteile hergestellt wurden. Vor allem Schalter, Stecker und Steckdosen, aber auch Telefone, Bügeleisen usw.. Die Elektroindustrie hat geradezu sehnsüchtig auf die Erfindung dieses Kunststoffes gewartet, weil der nämlich nicht leiten konnte. Daher die vielen Schalter, Stecker und Steckdosen, die man endlich anfassen bzw. bedienen konnte, ohne das man einen elektrischen Schlag bekam. 

       Davor waren die elektrischen Bauteile aus Porzellan, mit dem Nachteil, dass sie aus einem Guss waren, schwer und gar nicht zu bearbeiten. Bakelit war leicht, ging zumindest am Anfang nicht in die Brüche und man konnte das Material bearbeiten.

In ganz bestimmten Geschäften, Katalogen und im Internet kann man noch zahlreiche Gegenstände aus Bakelit kaufen. Allerdings muss man dafür heute oft mehr als das 10-fache bezahlen.

 

Bakelit-Schalter neben der Tür